Der Handlungsleitfaden „Auf zu barrierefreien Sportstätten" für den Abbau von Barrieren an Sportstätten, herausgegeben vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen steht ab sofort online zur Verfügung.
Ob drinnen oder draußen – besonders kommunale Sportstätten sollen allen Menschen offenstehen. Damit das gelingt, müssen im Bestand Barrieren abgebaut werden. Im Forschungsprojekt "Barrierefreie Sportstätten" haben wir Handlungsempfehlungen für den Abbau von Barrieren an Sportstätten des Breitensports entwickelt. Der Leitfaden richtet sich vorrangig an Kommunen und an Sportvereine.
Ziel war es, Barrieren an Sportstätten zu identifizieren und Lösungen für deren Abbau zu ermitteln. Eine umfangreiche Recherche, 20 Interviews und zwei Workshops mit Expert:innen unterschiedlicher Fachdisziplinen und in eigener Sache sowie 25 Praxisbeispiele aus dem Bestand von Sportstätten sind Grundlage unserer Empfehlungen.
Wie Barrieren in Sportstätten systematisch abbauen?
Im Mittelpunkt steht der Prozess für den Abbau von Barrieren. Barrieren sind vielfältig, sie entstehen situations- und kontextabhängig in der Wechselwirkung zwischen Menschen und ihrer Umwelt. Der Abbau von Barrieren ist daher als alltägliche Gemeinschaftsaufgabe in alle Arbeitsstrukturen zu integrieren.
Der erste Schritt ist der Aufbau eines Netzwerks mit Expertise – fachlich und in eigener Sache. Im zweiten Schritt ist der Bestand unter die Lupe zu nehmen und ortsspezifisch der Handlungsbedarf zu ermitteln. Ein Orientierungsrahmen hilft, die vielfältigen Dimensionen von Barrieren – baulich/räumlich, sozial, kommunikativ/digital – im Blick zu behalten. Beim dritten Schritt, der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen gilt es, vorrangig Machbares anzugehen und sich so Schritt für Schritt auch den größeren Herausforderungen zu nähern. Eine Wirkungskontrolle sollte nicht fehlen, um es künftig besser machen zu können. In diesem Sinne will der Leitfaden vor allem Mut machen, sich Unterstützung zu holen und gemeinsam anzupacken.
Herausforderung barrierefreier Umbau im Bestand
Auf den ersten Blick passiert im Bestand von Sportstätten noch wenig für einen systematischen Abbau von Barrieren. Das ergab unsere intensive Recherche im Forschungsprojekt. Es erscheint einfacher, neu zu bauen als im Bestand umzubauen. Die Barakiel-Halle der Evangelischen Stiftung Alsterdorf in Hamburg ist ein viel zitiertes Beispiel für „eine Halle für Alle". Doch „eine Halle für Alle“ allein ist keine Lösung, zu groß ist der Bedarf an Trainingszeiten für inklusiven Sport. Zudem können lange Wege zum Sport eine Barrierewirkung haben, wie die Sportlotsen der Stiftung feststellen.
Einfach mal machen! Loslegen mit einfachen Lösungsansätzen
Im Austausch mit Expert:innen haben wir intensiv über den Anspruch diskutiert, alle Sportstätten möglichst weitgehend barrierefrei auszustatten. Dieser Anspruch baut selbst Hürden auf. Einfache, schnelle und günstige Maßnahmen wirken demgegenüber motivierend. Eine erfolgreiche Umsetzung macht Mut auf den beteiligten Arbeitsebenen und schafft Aufmerksamkeit für das Thema. Der Abbau von Barrieren wird erlebbar, die Akzeptanz für weitere Maßnahmen wächst. In diesem Sinne wird als Einstieg das Ziel einer barrierefreien Grundausstattung an allen Sportstätten empfohlen. Der Leitfaden zeigt beispielhaft Maßnahmen für einfache und für grundlegende Maßnahmen an Sportstätten auf und verlinkt zu hilfreichen Maßnahmenkatalogen und Internetauftritten besonders von Landessportbünden.
Die in 25 Steckbriefen im Handlungsleitfaden dokumentierten Praxisbeispiele zeigen vielfältige Möglichkeiten auf, um Barrieren an Sportstätten abzubauen. „Es geht nicht immer alles, aber niemals nichts!", so die Botschaft von Prof.*in Dr. Sina Eghbalpour, Vorständin im Stadtsportbund Aachen. Sie hat dort maßgeblich den sehr lesenswerten Wegweiser für Inklusion im Vereinssport „Sprung nach vorne!“ erarbeitet. Wichtig ist, angesichts teils unlösbarer baulicher Herausforderungen im Bestand nicht steckenzubleiben.
Die inklusive Goalball-Truppe der Greifswalder Sportgemeinschaft 01 e.V. nutzt an den Wochenenden die nicht barrierefreie Einfachhalle einer Schule. Bei dem Sport werden mit Dunkelbrillen gleiche Bedingungen für alle hergestellt. Um sich in der Halle zurechtzufinden, werden taktile Leitstreifen benötigt. Diese werden jeweils vor dem Wochenende mit Klebestreifen angebracht und anschließend wieder entfernt. Das ist keine Dauerlösung, hat aber das Sportangebot überhaupt erst möglich gemacht. "Einfach mal machen!" Oft braucht es einen Anstoß und eine tatkräftige Person, damit etwas passiert. Das sollte aber nicht dem Zufall überlassen bleiben. Kommunikationsangebote wie die Wunschbox in der Kletterhalle Heavensgate laden zum Anstoß ein.
Hier kann der Handlungsleitfaden runter geladen werden.